Den Rechtsstaat zur Terrorbekämpfung zu gefährden ist widersinnig
Auch im Kanton St.Gallen werden derzeit, wie in der ganzen Schweiz, unter der Leitung der Jungen Grünliberalen trotz erschwerten Bedingungen Unterschriften gegen das neue Terrorgesetz gesammelt. Die Jungpartei wird dabei im Kanton insbesondere von den Jungen Grünen und den Jungsozialisten unterstützt.
Anfang Oktober ergriffen die Jungen Grünliberalen gemeinsam mit weiteren Jungparteien und Interessenverbänden das Referendum gegen das neue Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT). Auch die St.Galler Kantonalsektion der jglp führt seither regelmässig mit den Jungen Grü- nen und der JUSO gemeinsame Sammelaktionen durch. «Die andauernde Corona-Pandemie sowie der Win- tereinbruch machen das Sammeln schwieriger, doch die Demokratie darf auch in solchen Zeiten nicht auf der Strecke bleiben.», meint Johannes Leutenegger, der die Sammelaktionen für die jglp Kanton St.Gallen koordiniert.
Bereits aktuelle Rechtslage bietet Mittel zur präventiven Terrorbekämpfung
Jüngste Gewalttaten in Frankreich, Österreich sowie in der Schweiz lassen das Bedürfnis nach mehr Sicherheit aufkommen. In diesem Zusammenhang wird nun das neue Terrorgesetz mit seinen ausufernden Kompetenzen für das Bundesamt für Polizei (fedpol) als Wundermittel verkauft, welches den Behörden endlich die hierzu nötigen Mittel in die Hände legen würde. Dem ist jedoch nicht so.
«Erste Erkenntnisse machen deutlich, dass auch nach heutiger Rechtslage schon vorsorgliche Massnahmen gegen die mutmasslichen TäterInnen hätten ergriffen werden können. Entsprechend wäre, wenn überhaupt, vielmehr von einem Vollzugsproblem auszugehen.», so Fabian Giuliani, Präsident der jglp Kanton St.Gallen. Beispielsweise war die mutmassliche Täterin von Lugano wegen einer versuchten Dschihad-Reise seit 2017 polizeibekannt. Ein Strafverfahren, im Rahmen dessen sowohl vorsorgliche Zwangsmassnahmen bereits während der Strafuntersuchung, als auch therapeutische Massnahmen im Rahmen des Strafvollzuges hätten angeordnet werden können, wurde aber nie eröffnet. Die Strafverfolgungsbehörden, vor allem die Bundesanwaltschaft, können offenbar die heute bereits vorhandenen und rechtserheblichen Informationen nicht richtig verarbeiten, um geeignete Massnahmen zu ergreifen. Es ist also dort anzusetzen und nachzubessern.
Hausarrest ab 15 Jahren: Ein Verstoss gegen die UNO-Kinderrechtskonvention
Das neue Terrorgesetz sieht insbesondere die Möglichkeit vor, Menschen in der Form von Hausarrest in Präventivhaft setzen zu können. Dazu muss noch kein eigentlicher Terrorakt begangen oder vorbereitet worden sein. Das PMT will hier bewusst einen Schritt weiter gehen als die bislang geltende Strafprozessordnung. «Bei konkreten Vorbereitungshandlungen für eine terroristische Tat kann auch unter der heutigen Rechtslage bereits präventiv gehandelt werden, indem bei einer ernsthaften Befürchtung der Umsetzung der Tat Untersuchungs- oder Sicherheitshaft beantragt werden kann.», erklärt Giuliani. Auch ohne das PMT liegen den Strafverfol- gungsbehörden bei einem laufenden Strafverfahren mit der Untersuchungshaft oder entsprechenden Ersatzmassnahmen (Ausweissperren, Meldepflichten, Hausarrest, usw.) bereits heute vielfältige Mittel vor, um prä- ventiv gegen Terroristen vorgehen zu können. Man muss sie nur einsetzen.
Besonders brisant: Sogar bei Kindern ab dem Alter von 15 Jahren darf die Massnahme des Hausarrests präventiv verhängt werden. Das geht klar zu weit, verstösst dies immerhin gegen die UNO-Kinderrechtskonvention. Entsprechend wurde die Vorlage, sowohl international von den Vereinten Nationen als auch national von 50 RechtsprofessorInnen scharf kritisiert.
Brandgefährlich für den demokratischen Rechtsstaat
Selbstredend dominiert bislang vor allem der Hausarrest die öffentliche Debatte. So geht in der Diskussion aber unter, dass mit dem neuen Terrorgesetz das Bundesamt für Polizei (fedpol) diverse Massnahmen eigenständig und sogar ganz ohne vorgängige gerichtliche Überprüfung verfügen kann: Dazu gehören Melde- und Ge- sprächsteilnahmepflichten, Kontakt‑, Rayon- oder Ausreiseverbote.
Berücksichtigt man weiter, dass als «terroristischer Gefährder» bereits gelten soll, wer sich zur Beeinflussung oder Veränderung der staatlichen Ordnung der «Verbreitung von Furcht und Schrecken» bedient, erkennt man das Ausmass dieses neuen Willkürparagraphen: Dieser ist eine Gefahr für den demokratischen Rechtsstaat, denn die vorgeschlagenen Massnahmen eignen sich sehr gut dazu, jegliche unliebsamen politischen Bewegungen zerschlagen oder lähmen zu können.
Terrorbekämpfung ist wichtig
Es steht ausser Frage, dass Terrorismus auch in der Schweiz konsequent bekämpft werden muss. Dabei spielt die Prävention eine wichtige Rolle. Allerdings scheint es heute nicht an den rechtlichen Grundlagen für präventive Mittel zu fehlen, um gegen terroristische Gefährder rechtzeitig vorgehen zu können.
«Die Ausweitung der Kompetenzen des fedpol erfolgt ohne Not.» schlussfolgert Giuliani. «Opfern wir mit dem neuen Terrorgesetz nun unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie, um ein fadenscheiniges Sicherheitsgefühl zu schaffen, so vollenden wir letztlich eigenständig das, was der Terrorismus in Europa anstrebt. Das dürfen wir nicht zulassen.»