Kann Bio die Schweiz ernähren? Ein Podium der Jungen Grünliberalen sucht nach Antworten
Am 27. August 2019 luden die Jungen Grünliberalen St.Gallen nach Altstätten ins Hotel Sonne zum Podium zum Thema «Nachhaltigkeit und Landwirtschaft — geht das zusammen?» ein. Auf eine lehrreiches Inputreferat, dass wohl im Publikum für viele Aha-Erlebnisse sorgte, folgte eine hart umkämpfte Podiumsdiskussion über Pestizidnutzung, die Macht der Grossverteiler und das Freihandelsabkommen.
Als grösste Anbauregion der Ostschweiz bot das Rheintal eine ideale Kulisse für die Diskussion eines brisanten und gleichzeitig wichtigen Themas – der Zukunft der Schweizer Landwirtschaft. Zuerst führte Lucius Tamm, Agronom und stellvertretender Direktor des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) in einem kurzen Vortrag in das Thema ein. Darauf folgte eine Podiumsdiskussion an der neben Tamm; Markus Ritter, Präsident SBV; Stefan Britschgi, Vizepräsident des Verbandes der Gemüseproduzenten; Jörg Tanner, Gemeindepräsident Sargans und Andreas Bosshard, Geschäftsführer Vision Landwirtschaft, teilnahmen. Die Moderation des Anlasses übernahm Joel Drittenbass, Geschäftsleitungsmitglied der Jungen Grünliberalen St.Gallen.
Gras statt Getreide
Schon das Inputreferat von Lucius Tamm bot für den Landwirtschaftslaien viele spannende Erkenntnisse. Tamm ging auf diverse Fragen ein, die im Rahmen der Klimadebatte gesellschaftlich ein grosses Thema geworden sind. So erklärte er zum Beispiel, dass es in einer nachhaltig ausgerichteten Landwirtschaft nicht nötig sei, ganz auf Fleisch zu verzichten. Wichtig sei es aber, effizienter mit dem Land umzugehen, das heisst im Bezug auf die Tierhaltung auf Gras anstatt Getreide als Ernährungsbasis zu setzen sowie konsequent gegen Food Waste vorzugehen. Auch mahnte er eindringlich zum unsorgfältigen Umgang mit Pestiziden, da diese durch die Verschmutzung des Trink- und Grundwassers für erhebliche Schäden bei Mensch und Tier sorgen können.
Die Suche nach dem Sündenbock
In der anschliessenden Diskussion war man sich uneinig, wer nun die Verantwortung für die Weiterentwicklung der Schweizer Landwirtschaft trägt. Britschgi und Ritter sahen die Aufgabe vor allem bei dem Konsumenten und Grossverteilern. Britschgi meinte: «Ich masse mir als Produzent nicht an zu sagen, was der Konsument kaufen muss.» Andreas Bosshard hielt dem klar entgegen und forderte eine bessere Transparenz seitens der Produzenten aber auch seitens der Grossverteiler, damit der Konsument seine Kaufentscheidungen bewusst treffen kann. Auch die Frage nach dem verantwortungsvollen Umgang mit Pestiziden löste grosse Diskussionen aus. Jörg Tanner berichtete von seinen negativen Erfahrungen als Gemeindepräsident mit umgangenen Gewässerschutzverordnungen. Bosshard und Tamm forderten darauf eine einheitliche Lösung in dieser Frage, während Britschgi und Ritter auf die Souveränität der Gemeinden pochten und auch eine gesamtkantonale Strategie als ideologisierten Vorschlag ablehnten.
Gemeinsame Ziele – Verschiedene Wege
Im Schlussplädoyer der Podiumsgäste nutzte Jörg Tanner die Gelegenheit, die Vorteile einer nachhaltigen Strategie in der Landwirtschaft aufzuzeigen. Er sieht eine solche nicht als Einschränkung, sondern als Standortvorteil für die Schweiz. Damit zeigte sich auch Stefan Britschgi einverstanden, der mit seinen Schlussworten auf die Gefahren für die Landwirtschaft im Falle einer totalen Öffnung der Schweiz mittels Freihandelsabkommen hinwies. Anschliessend gab es Gelegenheit für kritische Fragen aus dem Publikum – eine Möglichkeit zum weiteren Austausch, die rege genutzt wurde.